Ernö Lazar/ Avraham Lavi

Avraham Lavi wurde 1931 als Sohn jüdischer Eltern in Ungarn geboren. Sein Geburtsname lautet Ernö Lazar, erst in der Nachkriegszeit und nach seiner Befreiung änderte er seinen Namen in Avraham Lavi um. Er wurde mit kaum 13 Jahren von den deutschen Besatzern verschleppt und durchlebte als Kind das System deutscher Vernichtungs- und Konzentrationslager. 1944 wurde die gesamte Familie nach Ausschwitz deportiert. Im Außenlager Auschwitz-Monowitz musste Avraham Lavi Zwangsarbeit bei der IG Farben leisten. Über einen Todesmarsch bei der Räumung von Auschwitz kamen er sowie sein Vater und Bruder in das KZ-Mittelbau-Dora. Dort wurde Avraham Lavi von seiner Familie getrennt in das Außenlager Boelcke-Kaserne verlegt. Seine gesamte Familie wurde von den Deutschen ermordet, Avraham Lavi konnte hingegen im April 1945 durch amerikanische Soldaten von einem weiteren Todesmarsch befreit werden.

Wenn er über jene Zeit sprach, war es vor allem auch der Applaus der ungarischen Nachbarn, bei der Deportation seiner Familie, den er nicht vergessen konnte. Ich habe Avraham in der Gedenkstätte als sehr zurückhaltenden Menschen kennengelernt, der an diesem Ort seiner Marter oft sehr traurig wirkte. Über die Jahre durfte ich sowohl ihn als auch große Teile seiner Familie begleiten. Avraham Lavi wanderte im März 1949, nachdem er zuvor nochmal in seine ungarische Heimatstadt zurückgekehrt war, nach Israel aus. Dort heiratete er seine Ehefrau, mit der er drei Kinder bekam. Später entschloss die Familie sich dazu, in die USA zu ziehen. Bis zu seinem Tod im Februar 2018 lebte Avraham Lavi mit seiner Familie in New York.

Die gemeinsame Zeit war wohl für uns alle ein Prozess des Verstehens, für Avrahams Familie eben auch ein Kennenlernen und Verstehen des Ortes, an dem ihr Vater gelitten hat und an dem dessen Vater und Bruder ermordet worden waren. Über all die Jahre und den engen Kontakt zu anderen Familienmitgliedern waren die Jahrestage oft ein Treffen mit Freunden, mit denen man eben jene schreckliche Geschichte geteilt hatte. Immer öfter gab es dann auch die Momente der Erleichterung, gemeinsames Essen und auch Trinken. Für Außenstehende mag dies absurd klingen, aber ja, wir haben gemeinsam getrunken und zwar nicht zu knapp. Vielleicht um zu vergessen oder vielleicht um das Leben und Überleben an diesem Ort zu feiern. Vielleicht auch beides. Fröhliche Momente, leichte Momente, an jenem Ort, der für Avraham so viel Leid bedeutete. Seine Geschichte und der Kontakt zu seiner Familie begleiten mich bis heute und ich werde die gemeinsame Zeit mit Avraham und seiner Familie nie vergessen.

Felix, Mitglied von Jugend für Dora e.V.